Wo sind sie
geblieben ?
Soldaten-Feldpostbriefe zum Beginn des Unternehmen
Babarossa
Hier mehrere Abschriften von Feldpostbriefen eines werdenden Vaters, als er
sich mit seiner Einheit auf den Vormarsch in die Bereitstellungsräume für
das Unternehmen Babarossa befand.
Es handelt sich um eine Einheit der Heeresgruppe Nord.
Aus diesen Briefen kann man gut herauslesen, dass ohne
Unterbrechung Tag und Nacht auf staubigen Wegen in Richtung der
Grenze nach Russland sich fortbewegt wurde.
Obwohl es für die Landser strikt verboten war über ihren
Aufenthaltsort und Kampfhandlungen zu berichten, wird sehr viel in diesen
Briefen über den Vormarsch und Kämpfen berichtet.
Selber wussten die Landser überhaupt nicht wo es hingehen wird, aber sie hatten eine Ahnung.
O. N. den 19.6.1941
Mein liebes, kleines Peterlein!
Jetzt bin ich schon volle 6 Tage ohne jede Nachricht von
Dir.
Wenn ich nicht wüsste, das während des Vormarsches die
Feldpost sehr schlecht zu uns kommen kann, würde ich leicht böse sein.
In diesen Sonderfall natürlich geht das nicht.
Heute ist nun der 19.6. und der Tag, auf den wir beide
warten rückt immer näher.
Wenn Dich dieser Brief erreichen wird, dann ist das
freudige Ereignis vielleicht bereits schon eingetreten.
Hoffentlich ist alles gut abgelaufen.
Mein kleines Peterlein muss mir sofort schreiben.
Ich muß es doch wissen, ob es nun ein Jürgen oder eine
Birgit geworden ist.
Wohl doch das Erstere.
Uns selbst geht es hier gut. Wir können nicht klagen, nur
etwas wenig Zeit zum Schlafen bleibt uns.
Aber auch das wird überstanden.
Wir sind jetzt einige 100km von Berlin entfernt und rücken
in einem kleinen Nest.
Wie geht es zu Hause? Ist noch alles in schönster Ordnung?
Ich würde gern öfter schreiben aber uns bleibt sehr wenig Zeit dazu.
Das wenig an freie Zeit muß man rasch benutzen um sein
Fahrzeug wieder einigermaßen in Schuß zu bringen.
Von den Sachen ganz zu schweigen. Man sieht hier aus, wie
ein Mehlsack. So staubig sind die von uns gefahren Wege.
Was uns an der freier Zeit bleibt dass wird natürlich prompt zu Schlaf ausgenutzt.
Wie es so eben bei den Landser ist. Müde ist man ja immer.
Überhaupt dann, wenn auch des Nachts gefahren werden muß.
Jetzt werden ja schon einige Briefe von meinem Peterlein an
mich unterwegs sein.
Du kannst Dir es denken, dass ich mit starker Erwartung der
kommenden Post entgegen sehne.
Was vermutet man zu Hause, wo es jetzt mit uns hingeht ?
Wir wissen es auch.
Das wir aber noch weit rollen müssen, dass ist wohl
gewiss.
Mein liebes Peterlein!
Schreib mir sobald es Dir möglich ist.
Ich warte sehnlichst auf jede Zeile von Dir.
Mit vielen lieben Küssen und herzlichen Grüßen bin ich
Dein nur Dich liebendes Peterlein.
O. N., den 21.06.41
Mein liebes Peterlein!
Gestern abend erhielt ich Deinen lieben Brief vom 13.06.41.
Du siehst, daß die Feldpost ein ganz schön lange Zeit braucht, ehe sie uns
erreicht.
Bitte sei darum nicht gleich traurig, wenn Du ein paar Tage keine Post
erhältst. An mir liegt es nicht, denn ich schreibe Dir, wie es richtig ist,
regelmäßig.
Wenn ich diese Zeilen schreibe, dann hast du vielleicht
schon alles überstanden oder es steht unmittelbar bevor.
Wenn dieser Brief Dich
erreicht, dann ist schon ein Junge oder ein Mädchen da. Du brauchst Dir
wirklich nichts dabei denken, wenn es nun etwa ein kleines Mädchen wird.
Es ist
wirklich ebenso willkommen, wie ein Junge.
Die Hauptsache ist doch nur, und das
wiederhole ich besonders, dass mein kleines Häschen ganz gesund und munter
bleibt. Ich begrüße alles.
Dies zur Beruhigung meines Peters.
Herzlichen Dank auch für die Zehn Mark. Ich konnte sie
wirklich gut gebrauchen.
Wir können jetzt nämlich bei unseren Koch Zigaretten
in jeder Menge kaufen. Das ich mich für die kommende Zeit gehörig eindecke,
ist wohl klar.
Man weiß ja nicht was kommt. Und das in Kürze irgend ein
besonderes Ereignis für uns eintrifft, ist wohl nicht zu bezweifeln. Es sieht
ganz danach aus.
Heute hat ein Kamerad ein Telegramm erhalten, das für ihn
ein kleines Mädchen eingetroffen ist.
In spätestens 4 Tagen rechne ich auch
damit. Wenn es später wird, schadet es auch nichts.
Nur muß ich meine Ungeduld noch länger zügeln. Nur das fällt
verdammt schwer.
Sicherheitshalber schreibe ich diesen Brief an die Mutti.
Er erreicht dich auf diesen Wege früher.
Mein liebes kleines Häschen!
Sei schön tapfer und brav. Lasse Dich nicht durch
irgendwelche Ereignisse ins Bockshorn jagen.
Wir wechseln heute unser Domizil und ziehen weiter. Wohin
wissen wir nicht.
Wie gern ich gerade in diesen Tagen bei dir sein möchte,
brauche ich nicht besonders zu versichern.
Nun mein Peterlein! Befriedige recht schnell meine
Ungeduld. Ich bin mit meinem ganzen
Herzen bei Dir und drücke beide Daumen, daß alles gut geht.
Mit vielen lieben
Küssen bin ich Dein Peter.
Recht herzliche Grüße an Papa und Mutti
22.06.1941
begann der Überfall auf die Sowjetunion
Feldpoststempel vom 25.06.1941
Mein kleines Peterlein!
Auch heute rasch wieder ein paar Zeilen an Dich.
Augenblicklich liegen wir in einem Chausseegraben schon in Rußland.
Wir liegen
in der Sonne und braten. Etwas matt aber in Ruhe.
Mit unseren Fahrzeugen sind
wir ja rasch wieder am Feind.
Es geht hier alles gut vorwärts. Du wirst ja
schon alles durchs Radio gehört haben.
Es sind die gleichen Verhältnisse wie
in Frankreich.
Nur zum Rauchen habe ich augenblicklich viel.
Meine letzte Löhnung
habe ich fast in Zigaretten angelegt. Man weiß ja nicht ob man nachher noch
welche bekommt.
Wir erfahren eben, dass nun wieder die Postsperre
eingetreten ist.
Für uns nicht. Ich kann weiter an mein Peter schreiben. Und
das werde ich bei jeder Gelegenheit tun.
Leider erfahre ich jetzt nicht wie unser kleines Töchterchen
nun eigentlich aussieht.
Hoffentlich wird bald die Sperre aufgehoben, wenn Du das
Krankenhaus verlassen hast, musst Du auch meine Firma benachrichtigen.
Da hat ja
mein Peter noch so allerhand Arbeit. Und ich kann dir nichts abnehmen.
Wie geht es denn Dir und der Kleinen?
Was wog sie denn bei der Geburt?
Jetzt muß ich schließen. Recht viele Grüße und Küsse
an euch Beide
Dein Peter
In Russland, den 27.6.41
Mein liebes, kleines Peterlein!
Heute endlich kann ich wieder ein Lebenszeichen von mir geben.
Wir sind mit unserem Angriff zügig weitergekommen.
Heute früh haben wir in Sturmbooten die Düna überschritten und Dünaburg
genommen.
Du kannst Dir ja mal den Atlas zur Hand nehmen und die Strecke beschauen
die wir zurückgelegt haben.
Bisher ist alles gut gegangen.
Dein Peterlein ist unbeschädigt und guten Mutes.
Sind sehr sehr müde, abgespannt und abgekämpft.
Seit heute Nachmittag haben wir endlich etwas Ruhe.
Nur sehr wenig zu Essen.
Seit 3 Tagen kam die Verpflegung nicht an uns heran.
Heute soll es ja nun wieder warmes Essen geben.
Zeit wird es ja.
Meinen Bart musst du sehen.
Er ist schon ganz ausgezeichnet.
Aber heute muß er ganz weg.
Wie geht es meinen Häschen?
Ist es schon wieder aufgestanden?
Was macht denn unsere kleine Birgit?
Ich weiß noch immer nicht, wie sie aussieht?
Hoffentlich hebt man die Postsperre bald für euch auf, damit ich endlich
einmal von Dir Post erhalte.
Küsse unser kleines recht herzlich von mir.
Dich selbst küsse ich innigst.
Für heute bin ich
Dein Peter
In Russland, den 28.06.41
Mein liebes, kleines Peterlein!
Erst heute komme ich dazu wieder an Dich zu schreiben. Mir
geht es gut. Nur sehr müde.
Wir haben heute als einziges Btl. gegen eine ganze
Division Russen gekämpft.
Also fast 20 fache Übermacht. 14 Stunden dauerte der
Kampf.
Wir mussten uns zurückziehen und verteidigten uns noch fast 4 Stunden.
Immer weiter rannten die Russen gegen uns an.
Endlich kamen unsere Panzer und
der ganze Spuk war zu Ende.
Es war für unsere Truppe sehr schwer ohne Unterstützung
von Flieger und Panzer zu kämpfen.
Zu allem Unglück ging uns die Munition aus.
Auch unsere Begleitartillerie hatte sich verschossen. Aber es ging noch alles
gut.
Leider ist Oblt. Hassenstein
bereits am frühen Morgen durch Kopfschuß gefallen.
Wir mussten ihn leider
liegen lassen und werden ihn erst heute holen. Ebenso unsere anderen Toten.
Doch nun genug vom Krieg. Morgen ist Sonntag.
Ich werden
wenig Ruhe haben. Wir wissen nur, dass in der Heimat aber Ruhetag ist. Für uns
leider nicht.
Seit gestern regnet es ununterbrochen.
Wenn man so in seinem
Erdloch liegt und die Kälte des Bodens spürt, weiß man erst wie gut man es zu
Hause hat!
Aber auch der Spuk mit Russland wird bald zu Ende gehen.
Was macht denn unser ganz kleines Häschen.
Geht es ihm
auch gut.
Weckt es mit seinem Geschrei das ganze Haus auf oder hast Du es
bereits so erzogen, dass es nicht mehr brüllt?
Da muß man schon hart sein ehe man das erreichen kann.
Schafft dies mein Peterlein auch?
Ich habe diesen Brief vorsorglich geschrieben, denn ich weiß
nicht, ob noch heute Post an die Heimat abgeht. Hoffentlich klappt es.
Mein liebes Peterlein, denke recht oft an mich und drücke
die Daumen, dass ich alles gut überstehen werde.
Es küsst Dich und unser Kleines innigst
Dein Peter
zum Gedenken
Nachname:
Dr. Hassenstein
Vorname:
Adalbert
Dienstgrad:
Rittmeister
Geburtsdatum:
02.10.1901
Geburtsort:
Ragnit
Todes-/Vermisstendatum: 28.06.1941
Todes-/Vermisstenort: Kokini
Quelle: Hagen Friedrich - Feldpostsammlung - Gefr. Artur Hubert
Feldpost - Nr. 27 825 A. Stab I u. 1.-4. Kompanie
Infanterie-Regiment 29
Ob
der Gefreite seine Tochter jemals in den Armen halten konnte, entzieht sich
meiner Kenntnis, da der letzte Feldpostbrief von ihm am 9.9.1941 geschrieben
wurde.
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verherrlicht nicht die Ereignisse des 2. Weltkriegs, sie soll rein objektiv den
Verbleib meiner Verwandten schildern.
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